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Börsen-News: Junge Trader treiben den Hedgefonds in den Ruin

Etwas überspitzt formuliert: Die jungen Trader beginnen damit, Shortseller mit ihren eigenen Waffen zu schlagen – und einige unregulierte Fonds in den Ruin zu treiben. Aktuell versuchen sie bei der Aktie des Videospielehändlers Gamestop, die Shortseller aus dem Markt zu drängen.

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Das Papier des Videospielehändlers wurde durch den Einzug des aktivistischen Investors Ryan Cohen zur Kultaktie. Aber Hedgefonds bezweifeln, dass Cohen den stationären Computerspielehändler zu einer erfolgreichen E-Commerce-Plattform umbauen kann, und wetteten massiv auf fallende Kurse.

Anleger sprachen sich daraufhin in Onlineforen zum Kauf der Gamestop-Aktie ab. In der Folge rauschte die Aktie allein an diesem Montag um bis zu 145 Prozent nach oben. Mehrfach musste der Handel wegen zu hoher Volatilität unterbrochen werden. Am Dienstag stieg die Aktie erneut um bis zu 30 Prozent.

Schwere Verluste für Shortseller

Auch bei weiteren US-Aktien mit hohen Shortquoten stiegen am Montag die Kurse. Die Titel von Bed Bath & Beyond, einem Einzelhändler für Haushaltsartikel, gewannen bis zu 40 Prozent. Papiere des Kinobetreibers AMC Entertainment legten um bis zu 70 Prozent zu. Beide Aktien liegen auch am Dienstag leicht im Plus.

Für die Shortseller bedeuten die Kursentwicklungen schwere Verluste. Denn Shortseller leihen sich Aktien und verkaufen sie in der Hoffnung, sie zu einem niedrigeren Preis zurückkaufen zu können, um sie dann an den Verleiher zurückzugeben. Die Differenz, abzüglich einer Leihprämie, ist ihr Gewinn.

Die jungen Trader haben daraus offenbar den Schluss gezogen, dass Aktien mit einer hohen Shortquote lukrativ sind. Sie treiben die Kurse und setzen damit Hedgefonds massiv unter Druck, die wiederum damit beginnen, ihre Positionen zu schließen.

Denn: Je höher der Aktienkurs steigt, umso stärker stehen die Fonds unter Zugzwang, die Aktien wieder zurückzukaufen. Und bei solch einem Rückkauf von großen Aktienpaketen steigen die Kurse weiter in die Höhe. In vielen Fällen kommt es in der Folge zu einem sogenannten „Short Squeeze“, einem fulminanten Kursanstieg ohne fundamentale Gründe. Die Shortseller sind plötzlich in der Verteidigung.

Triumph der jungen Börsianer

Die Entwicklung der Suchanfragen bei Google nach „Short Squeeze“ bestätigt diese Einschätzung: Sie stiegen seit Anfang Januar um den Faktor 15. Gegenüber dem bislang höchsten Wert aus dem Jahr 2009 haben sich die Anfragen verdreifacht.

Suche nach „Short Squeeze“

Die Google-Auswertung belegt das erhöhte Interesse.

Die Google-Auswertung belegt das erhöhte Interesse.

Für die Shortseller war der Kampf der Kulturen bereits im vergangenen Jahr extrem verlustreich. Sie verloren mit ihren Wetten allein am US-Markt insgesamt 245 Milliarden Dollar. Das geht aus Daten des Finanztechnologieunternehmens S3 Partner hervor, das dafür Brokerdaten ausgewertet hat. Berechnet wurde das Minus anhand der Marktbewertungen und nicht anhand der realisierten Verkäufe. Die Shortpositionen müssen also noch gar nicht aufgelöst sein.

Ein Beispiel für den kurzfristigen Triumph der jungen Börsianer: die Tesla-Aktie. So verloren Shortseller 2020 rund 40 Milliarden Dollar mit ihren Spekulationen auf den Titel des Elektroautopioniers. Für Ihor Dusaniwsky von S3 ist dieses Minus der größte jährliche Verlust für Shortseller, den er jemals beobachtet hat. Auf Platz zwei folgen Wetten gegen den iPhone-Hersteller Apple mit einem Minus von 6,7 Milliarden Dollar im vergangenen Börsenjahr. Apple und Tesla gehören zu den Papieren, die bei den Nachwuchsbörsianern sehr beliebt sind.

Einen Milliardenverlust mussten Shortseller bei insgesamt 15 Aktien verkraften. Zum Vergleich: Mehr als eine Milliarde Dollar Gewinn machten sie nur bei fünf Aktien. Am höchsten (1,3 Milliarden Dollar) fiel dieser bei Wetten gegen den Mineralölkonzern Exxon Mobil aus – kein Wert, für den die neue Generation Börse Sympathien hegt.

Doch mittlerweile hat dieser Wettkampf zwischen beiden Anlegergruppen eine neue Dimension erreicht. Die Kursexplosion unter anderem bei Gamestop hatte zur Folge, dass sich die ersten Hedgefonds gegenseitig retten mussten. Die Hedgefonds Citadel und Point72 Asset Management gaben am Montag bekannt, 2,75 Milliarden Dollar in Melvin Capital Management zu investieren. Im Gegenzug erhalten sie einen Anteil am künftigen Umsatz des Fonds.

Hedgefonds retten sich gegenseitig

Nach Meinung von Jochen Stanzl vom Onlinebroker CMC Markets wäre es ohne diese Rettung zum wahrscheinlich größten Hedgefonds-Bankrott seit dem Fall von Long Term Capital Management (LTCM) Ende der 90er-Jahre gekommen. Damals hatte die Schieflage eines einzigen Hedgefonds ausgereicht, um das gesamte internationale Finanzsystem ins Wanken zu bringen.

Der US-Fonds Melvin hat seit seinem Start im Dezember 2014 laut Angaben des Finanznachrichtendienstes Bloomberg durchschnittlich eine Rendite von 30 Prozent erwirtschaftet. In diesem Jahr hat der Hedgefonds, der zu Jahresbeginn laut Bloomberg noch ein Vermögen von 12,5 Milliarden Dollar verwaltete, aber laut US-Medien bereits einen Verlust von 30 Prozent gemacht. Dieser soll aus einer Reihe von misslungenen Shortwetten resultieren, urteilen Experten – unter anderem gegen Gamestop.

Doch selbst die Rettung eines milliardenschweren Hedgefonds ändert nichts am Verhalten der Beteiligten. Obwohl die Shortseller mit ihren Wetten gegen Gamestop bereits in diesem Jahr S3-Daten zufolge einen (Buch-)Verlust von sechs Milliarden Dollar hinnehmen mussten, verharrt die Shortquote auf einem extrem hohen Niveau. Im Gegenzug kaufen die jungen Trader weiter unbekümmert zu.

Wer diesen Kampf der Kulturen letztlich gewinnt? Eine Antwort dürfte wohl erst ein neuer Crash an den Aktienmärkten geben.