/Projekt der Stiftung stern: Ihre Spende macht es möglich: Helfer aus dem Ahrtal bauen Geflüchtetencamp in Moldawien

Projekt der Stiftung stern: Ihre Spende macht es möglich: Helfer aus dem Ahrtal bauen Geflüchtetencamp in Moldawien

In den Flutgebieten des Ahrtals haben sie gelernt, ein Camp für Menschen aufzubauen, die alles verloren haben. Jetzt bringen die Helfer der “AHRche” ihr Wissen an ganz anderer Stelle ein: in Moldawien, das mit den Geflüchteten aus der Ukraine überfordert ist. Die Stiftung stern hilft.

Normalerweise kickt hier die Dorfjugend von Pîrlița. Doch nun sind die Tore abgebaut und auf dem Fußballfeld des kleinen Dorfes nahe Bălți, der mit rund 100.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Moldawiens, entsteht ein Camp für Flüchtlinge aus der Ukraine.

Über dem freien Feld hängen grauen Wolken, es geht ein scharfer Wind, die Temperaturen sinken nachts noch unter den Gefrierpunkt. Aber das stört die sieben Helfer des Vereins für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau – die “AHRche” – nicht. Mittendrin steht Robert Gärtner, er trägt eine bunte Mütze gegen die Kälte. Gärtner ist Projektleiter bei der AHRche. “Wir wollen helfen – und wir sind in der Lage zu helfen”, sagt er.

Sie wissen, wie sich Verlust anfühlt

Die AHRche entstand vergangenes Jahr im Flutgebiet im Westen Deutschlands, auch Robert Gärtner hilft dort seit mehr als acht Monaten beim Wiederaufbau. Die Menschen im Ahrtal wissen, wie es sich anfühlt, alles zu verlieren, plötzlich vor dem Nichts zu stehen. Wenn man nicht weiß, ob Familie, Freunde und Nachbarn noch leben. Und sie haben Erfahrung bei der Versorgung mit dem Nötigsten: Nach der Flutkatastrophe bauten sie direkt neben der Ahr ein ganzes Camp auf, das seit Juli 2021 die Anwohner versorgt und unterstützt. Dieses Wissen nutzen sie nun, um anderen zu helfen.

“Unsere Motivation ist: Wir haben viele Sachen, die wir nicht mehr benötigen, die wir aber sinnvoll weiterverwenden wollen”, sagt Lucas Bornschlegl, Gründer der AHRche. Ursprünglich war geplant, überzählige Kleidung in ein Kinderheim in die Ukraine zu bringen. Doch dann brach der Krieg aus. Und so beschlossen die Helfer:innen von der AHRche: Wir helfen – direkt vor Ort. Er schrieb Mails an die Regierung von Moldawien, eins der ärmsten Länder Europas: Was braucht ihr? Wo können wir helfen? Dann organisierten Bornschlegl & Co im Camp an der Ahr tagelang die benötigten Dinge, zum Teil über Ebay. Dabei gingen sie sehr sorgfältig vor, prüften etwa die Qualität der Kleidung und Decken – und achteten sogar darauf, möglichst keine Feldbetten oder Schlafsäcke in Militärfarben einzupacken, aus Rücksicht auf eventuell traumatisierte Geflüchtete aus der Ukraine.

Mit vollbepackten LKWs fuhr die "AHRche" 2000 Kilometer durch Europa – vom Ahrtal bis nach Moldawien
Mit vollbepackten LKWs fuhr die “AHRche” 2000 Kilometer durch Europa – vom Ahrtal bis nach Moldawien
© Privat

Mit drei großen Lkw waren sie tagelang unterwegs, sind über 2000 Kilometer gefahren, vom Ahrtal bis in den Osten Europas. Gemeinsam mit Männern von der dortigen Berufsfeuerwehr und dem Zivilschutz Moldawiens bauen sie nun ein Camp auf. Das Ziel: bis zu 600 Flüchtlinge zu versorgen.

Die ersten Furchen sind gezogen für die Leitungen der 20 mobilen Duschen und Sanitäranlagen. Insgesamt werden 50 Schlafzelte und zwei große Zelte für Sanitäranlagen und für die Essensausgabe aufgebaut. Drei Feldküchen haben sie mitgebracht, dazu zwei Generatoren, Heizungen, Kleidung und Nahrungsmittel.

Die Regierung bat um Hilfe

Zunächst war geplant, das Camp nahe der ukrainischen Grenze aufzubauen. Doch da auch der Westen der Ukraine immer häufiger Ziel russischer Angriffe wurde, änderten sie kurz vor Abfahrt in Deutschland die Pläne: Nun wird es nahe der rumänischen Grenze im Dorf Pîrlița errichtet, viele Frauen nehmen mit ihren Kindern inzwischen diesen Fluchtweg. Und im Notfall könnten sich die Helfer selbst schnell über die rumänische Grenze in Sicherheit bringen.

Die Regierung Moldawiens hatte ursprünglich um Unterstützung bei der Versorgung von 300 Menschen gebeten. Das Land ist überfordert von der Flüchtlingswelle. Es hat mit seinen nur 2,5 Millionen Einwohnern im Verhältnis zu seiner Größe und Wirtschaftskraft die größte Last zu tragen von allen Nachbarstaaten der Ukraine – mehr als 300.000 Geflüchtete kamen bislang hierher. Auch deswegen helfen die Männer und Frauen der AHRche genau hier. Auf eigene Rechnung stockte der Verein erhaltene Hilfsgelder auf, sodass nun doppelt so viele versorgt werden können. “Die Zusammenarbeit hier in Moldawien ist super, echt professionell. Das fühlt sich gut an”, sagt Gärtner. Sobald alle Zelte stehen und alles funktioniert, machen sich die sieben Helfer zurück auf den Weg nach Bad Neuenahr. Es gibt auch im Ahrtal nach der Flutkatastrophe immer noch viel zu tun.

Die Stiftung stern unterstützt die AHRche bei dieser Aktion mit 80.000 Euro. Die Redaktion des stern begleitet die Flutopfer im Ahrtal seit Monaten mit Berichten und Reportagen beim Wiederaufbau und fördert auch den Verein, die AHRche, der im August gegründet wurde, dank der vielen großzügigen Spenden, die durch die Hilfsbereitschaft der stern-Leserinnen und Leser zusammenkamen.