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Ukraine-Krieg: Hat Russland Giftgas in Mariupol eingesetzt? – Politik Ausland – Bild.de

Die Lage in der umzingelten ukrainischen und fast zerstörten Hafenstadt Mariupol ist nach wie vor höchst dramatisch. Und die Hiobs-Botschaften hören nicht auf: Jetzt gibt es auch noch Gerüchte um einen Giftgas-Einsatz durch russische Truppen.

Und die Meldungen über den Einsatz der verbotenen Waffen im scheinen auf Tatsachen zu beruhen: Kreml-Marionette und Doneszk-Militarführer Eduard Basurin (55) hatte am Montag mit einem Chemiewaffen-Einsatz gedroht.

Denn: Laut Basurin seien die ukrainischen Kämpfer in die Stahlfabrik Asowstal abgedrängt worden. Ein Kampf um die Befestigungen auf dem Fabrikgelände wäre zu verlustreich.

Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti zitierte ihn: Man werde Wege finden, die ukrainsichen Truppen wie „Maulwürfe auszuräuchern“. Im Notfall werde man sich dafür „an chemische Truppen wenden“.

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Bis zu 20 000 Menschen sind bereits getötet worden. Die Hafenstadt steht kurz vor dem Fall.

Nur kurze Zeit später berichtete das ukrainische Asow-Regiment in Mariupol von einem Drohnen-Angriff. Der Flugkörper habe „eine unbekannte Substanz“ über der Stadt abgeworfen.

Den Angaben zufolge litten die getroffenen Personen unter Atembeschwerden und Bewegungsstörungen. Der ehemalige Asow-Kommandeur Andryj Bilezkyj berichtete von drei Personen mit Vergiftungserscheinungen.

Später warnte auch Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) in seiner abendlichen Videoansprache vor einem möglichen Chemiewaffen-Angriff durch Russland. Er sagte aber nicht, dass bereits chemische Waffen eingesetzt wurden.

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HInter der zerstörten Stadtkulisse Mariupols sieht man die Stahlfabrik Asowstal – dort sollen sich laut russischen Angaben die letzten ukrainischen Vereidiger verschanzt haben
HInter der zerstörten Stadtkulisse Mariupols sieht man die Stahlfabrik Asowstal – dort sollen sich laut russischen Angaben die letzten ukrainischen Vereidiger verschanzt habenFoto: ALEXANDER ERMOCHENKO/REUTERS


Vollständige Zerstörung: Eine Zivilistin steht auf einer Straße in Mariupol, umringt von Wohnhäuser-Ruinen
Vollständige Zerstörung: Eine Zivilistin steht auf einer Straße in Mariupol, umringt von Wohnhäuser-RuinenFoto: ALEXANDER ERMOCHENKO/REUTERS

Sowohl die USA als auch Großbritannien reagierten besorgt:

▶︎ Die britische Außenministerin Liz Truss (46) schrieb auf Twitter, jeder Einsatz solcher Waffen wäre eine Eskalation, für die man und seine Führung zur Verantwortung ziehen werde.

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Außerdem untersuche man die Vorwürfe: „Wir arbeiten dringend mit Partnern zusammen, um die Details zu überprüfen.“

▶︎ Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte am Montagabend, Washington habe unbestätigte Informationen über einen Chemiewaffenangriff in der strategisch wichtigen Stadt erhalten.

„Wenn diese Informationen wahr sind, sind sie sehr besorgniserregend“, sagte er. Er verwies auf „Bedenken“ des US-Militärs, dass Russland „verschiedene Mittel zur Krawallbekämpfung, insbesondere Tränengas gemischt mit chemischen Kampfstoffen, in der Ukraine einsetzen könnte“.


US-Verteidigungs-Sprecher John Kirby (59)
US-Verteidigungs-Sprecher John Kirby (59)Foto: Susan Walsh/dpa

▶︎ Petro Andruschtschenko, ein Berater des Bürgermeisters von Mariupol, betonte auf Telegram, dass „die Informationen über den Chemiewaffenangriff derzeit nicht bestätigt sind“. „Details und Klarstellungen“ würden zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Er warte auf „offizielle Informationen vom Militär“.

Mariupol steht anscheinend kurz vor dem Fall

Knapp sieben Wochen nach Beginn des steht offenbar vor dem Fall: Die verbliebenen ukrainischen Truppen in der Stadt erklärten am Montag, sie bereiteten sich auf die „letzte Schlacht“ vor, pro-russische Separatisten aus der Region Donezk meldeten die Einnahme des Hafens von Mariupol.

Die Opfer unter der Zivilbevölkerung: enorm. Mindestens 10 000 Menschen sind tot, teilte Vadym Boychenko (44), Bürgermeister der südukrainischen Stadt, mit. Es könnten bis zu 20 000 sein. Mariupol wird seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar von der russischen Armee belagert.

Inzwischen ist die einst 400 000 Einwohner zählende Stadt weitgehend zerstört. Noch immer befinden sich rund 120 000 Zivilisten in der Stadt. Ihre Situation: schrecklich. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser ist stark eingeschränkt.

Nach dem Rückzug seiner Truppen aus der Region Kiew hatte Russland angekündigt, den militärischen Fokus verstärkt auf den Donbass zu richten. Im Osten der Ukraine bahnt sich eine verheerende Großoffensive an: Russland habe seine Truppen dort vergangene Woche von 30 000 auf 40 000 Mann aufgestockt, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Montag.

Ziel Moskaus ist laut Experten die Errichtung einer direkten Landverbindung zwischen der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und den von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebieten in den Regionen Luhansk und Donezk. Dabei strategisch entscheidend: Das am Asowschen Meer gelegene Mariupol.